Ausblick 2025 – Technologie-Trends im industriellen Mittelstand

07.02.2025 - Franziska Wolters

Die digitale Transformation hält Unternehmen weiter in Atem. Obwohl wir das Thema bereits seit Jahren vorantreiben, gibt es noch immer viel zu tun. Gerade im industriellen Mittelstand sind innovative Technologien der Schlüssel, um auf lange Sicht wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir haben aus der Fülle an relevanten Technologie-Themen vier zentrale Bereiche ausgewählt, die den Mittelstand in Deutschland 2025 voranbringen: Cybersicherheit, KI-Agenten, software-gestützte Prozessoptimierung und nachhaltige Digitalisierung. 

In diesem Überblick zeigen wir, wie mittelständische Unternehmen aktuelle Trends für sich nutzen können und welche Herausforderungen sie dabei erwarten.

1. Cybersecurity – Schutz vor wachsenden Bedrohungen

Spätestens mit dem Inkrafttreten von NIS2 und dem Cyber Resilience Act sind Unternehmen verpflichtet, bestimmte Mindeststandards an Sicherheit zu erfüllen. Die strengeren Sicherheitsanforderungen und der erweiterte Geltungsbereich führen 2025 zu einer erheblichen Umgestaltung der Cybersicherheitspraktiken in Europa. 

Mehr Unternehmen sind verpflichtet, Risikobewertungen durchzuführen, robuste Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen und Vorfälle umgehend zu melden. Spätestens jetzt müssen sie in Schulungen ihrer Mitarbeiter, neue Sicherheitstechnologien und Notfallpläne investieren. 

Warum Misstrauen Sicherheit schafft 

Immer wichtiger wird unter anderem das Zero-Trust-Prinzip (dt. Sicherheit auf Basis von Misstrauen). Es vertreibt das Konzept der Vertrauenswürdigkeit aus Unternehmen. Umfassendes Vertrauen stellt ein Risiko dar – das wird jetzt anerkannt und so weit wie möglich eliminiert. 

Bei konventionellen Sicherheitskonzepten galt bisher jeder innerhalb eines Unternehmensnetzwerks automatisch als vertrauenswürdig. So hatten bspw. alle User Zugriff auf sämtliche Daten, sobald sie sich innerhalb des Netzwerks befanden – ein enormes Risiko für den Fall, dass Hacker einen Eintrittspunkt in das Netzwerk finden. 

Durch das Zero-Trust-Prinzip findet eine kontinuierliche Überprüfung und Authentifizierung aller User und Geräte statt, unabhängig davon, an welchem Standort sie arbeiten. Außerdem werden nur minimale Berechtigungen vergeben, die kontinuierlich überprüft werden. 

Bei der Mikrosegmentierung wird das Netzwerk in voneinander abgegrenzte Bereiche unterteilt. So lässt sich der Datenverkehr besser kontrollieren, die Angriffsfläche wird minimiert und die Ausbreitung von Bedrohungen eingegrenzt. 

OT-Security: Wie schützen Sie sich, wenn alles mit allem vernetzt ist? 

Bei der Operational Technology (OT) wachsen einzelne Prozesse im Rahmen der Digitalisierung zu Prozessnetzen zusammen. Diese spielen auch im „normalen“ Alltag eine große Rolle. So fallen bspw. die Stromerzeugung, Ampelsysteme und die gesamte kritische Infrastruktur darunter. 

Kurz: Operational Technology beschreibt Prozesse, die unsere Gesellschaft als Ganzes am Laufen halten. 

Die Anzahl an Cyberangriffen nimmt seit Jahren zu. Dabei greifen manche Hacker-Gruppen bestimmte Branchen, also einzelne Knotenpunkte des Prozessnetzes, gezielt an. Folglich reicht es nicht mehr aus, nur sich selbst zu schützen. Das lässt sich leicht am Beispiel der Supply Chain verdeutlichen. Sie können Ihr eigenes Unternehmen noch so gut vor Cyberangriffen schützen – wenn Ihr Zulieferer angegriffen wird und infolgedessen die Lieferung von wichtigen Bauteilen für Ihre Produktion ausbleibt, bleibt der Schaden auch an Ihnen hängen.

Unternehmer denken und agieren jetzt ganzheitlicher und stellen sich u. a. die folgenden Fragen: Wie kritisch sind einzelne Geschäftsbereiche? Könnten wir mehrere Tage Produktionsausfall verkraften oder gehen wir dann sofort in Konkurs? Mit einem Gesamtkonzept für die Cybersicherheit kommen Sie langfristig zu einer sicheren Infrastruktur.

Den Stellenwert von Cybersicherheit zu kennen, ist der wichtigste Trend 2025. Sie ist nicht nur notwendig oder verpflichtend, sondern das Fundament für den wirtschaftlichen Wohlstand Deutschlands. Die hochentwickelten, vernetzten Systeme, die unsere Gesellschaft am Laufen halten, müssen geschützt werden. Und dabei geht es längst nicht mehr nur um finanzielle Sicherheit. 

2. Das Ende vom Hype: KI ist gekommen, um zu bleiben

Die Agenten kommen

KI-Agenten stellen nach LLMs die nächste Stufe der künstlichen Intelligenz dar. Es handelt sich dabei um autonom arbeitende Softwaresysteme. Sie können proaktiv und selbstständig im Namen des Nutzers selbst komplexe Aufgaben erledigen und Entscheidungen treffen. Dabei sind sie nicht auf menschliche Eingriffe angewiesen. Das gibt uns Menschen mehr Zeit, uns mit strategisch wichtigeren Aufgaben zu befassen. 

Wenn sie nicht halluzinieren, können KI-Agenten zuverlässiger sein als ein Mensch und die Produktivität signifikant steigern. Bspw. im Vertrieb sind spezialisierte KI-Agenten eine große Hilfe: Sie können z. B. Meetings zusammenfassen, daraus Präsentationen erstellen, im Hintergrund neue potenzielle Kontakte identifizieren und Termine organisieren. 

KI-Agenten sind außerdem energieeffizienter als große Modelle, da es sich um viele kleine, miteinander vernetzte KIs handelt, die miteinander kommunizieren und sich gegenseitig kontrollieren. Sie verstehen daher den Kontext über mehrere Aktionen hinweg. Dank ihrer Erinnerungsfunktion fängt man mit ihnen nicht jedes Mal bei Null an.  

Möglicherweise sind wir die letzte Generation, die noch mit rein menschlichen Belegschaften arbeitete – die Zukunft der Belegschaften wird hybrid sein. Für 2025 wird erwartet, dass KI-Agenten verstärkt in Unternehmen eingesetzt werden, um virtuelle Belegschaften zu schaffen und die menschliche Arbeit zu erweitern. 

Neue Richtlinien für den KI-Einsatz 

Der zunehmende Einsatz von KI bringt allerdings auch neue Herausforderungen mit sich. Mit dem EU AI Act, der mittlerweile in Kraft getreten ist, werden strenge Regulierungen eingeführt. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre KI-Systeme unter anderem transparent und sicher sind. Dies betrifft insbesondere Anwendungen in sensiblen Bereichen wie der Qualitätskontrolle. Wegen dieser neuen Standards sind Unternehmen dazu gezwungen, einen wachsenden Anteil ihres IT-Budgets für die Einhaltung von Richtlinien und die Dokumentation ihrer KI-Systeme aufzuwenden.

Trotzdem gibt es auch günstige Lösungen, die speziell auf die Bedürfnisse kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMUs) zugeschnitten sind. Cloud-basierte Angebote wie AI-as-a-Service (AIaaS) ermöglichen es KMUs, ohne hohe Investitionen in eigene Infrastruktur auf leistungsstarke KI-Technologien zuzugreifen.

KI bietet enorme Potenziale für Wachstum und Innovation, erfordert aber gleichzeitig Risikobewusstsein sowie die Bereitschaft, in Compliance und Sicherheit zu investieren. Unternehmen, die diese Balance meistern, werden langfristig zu den Gewinnern des digitalen Wandels gehören. 

3. Software-gestützte Prozessoptimierung – Mehr Effizienz durch smarte Tools

Mittelständische Unternehmen setzen verstärkt auf software-gestützte Prozessoptimierung. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit den bereits genannten Trends. Zwei besonders vielversprechende Ansätze stechen dabei hervor:

1. Low-Code-/No-Code-Plattformen 

 

Die Entwicklung individueller Softwarelösungen oblag lange Zeit IT-Spezialisten. Low-Code- und No-Code-Plattformen wie von unserer Beteiligung Simplifier demokratisieren nicht nur diesen Prozess, sondern entspannen auch den Kampf um Fachkräfte. Mit ihrer Hilfe können auch Mitarbeiter ohne tiefgreifende Programmierkenntnisse maßgeschneiderte Anwendungen erstellen. Dies beschleunigt die Digitalisierung von Geschäftsprozessen. 

  • Schnellere Entwicklungszyklen: Prototypen und funktionale Anwendungen können in Tagen statt Monaten erstellt werden.
  • Kosteneffizienz: Reduzierter Bedarf an externen Entwicklern senkt die IT-Kosten.
  • Flexibilität: Schnelle Anpassung an sich ändernde Geschäftsanforderungen wird möglich. 

Die Nutzung dieser Plattformen ist jedoch nicht risikofrei. Die Integration von Sicherheitsrichtlinien und die Schulung der Mitarbeiter in Bezug auf Best Practices sind unerlässlich, um potenzielle Risiken zu minimieren.

2. Industrial Internet of Things (IIoT) 

Das Industrial Internet of Things wird immer mehr zum Standard. Dabei sind die Vorreiter allerdings große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und einem großen IT-Budget. Sie weisen derzeit den höchsten Reifegrad beim IIoT auf. 

Doch auch dem industriellen Mittelstand bietet IIoT Chancen. Indem sie schrittweise vorgehen und sich auf spezifische Anwendungsfälle konzentrieren, schonen KMUs ihre Ressourcen. Viele Anbieter haben mittlerweile Tools mit Standardkomponenten entwickelt, die sich schnell implementieren und mit geringem Aufwand betreiben lassen. So optimieren auch kleineren Unternehmen ihre Produktionsprozesse und bleiben wettbewerbsfähig. Durch die Nutzung von IIoT-Technologien können mittelständische Unternehmen nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch neue Geschäftsmodelle entwickeln und sich so für die Zukunft rüsten. 

Die Vorteile liegen auf der Hand – durch die Vernetzung von Maschinen, Sensoren und Systemen werden in Echtzeit datenbasierte Entscheidungen getroffen: 

  • Predicitve Maintenance: Ausfallzeiten werden durch vorausschauende Wartung minimiert.
  • Ressourcenschonend: Energie- und Materialverbrauch können präzise gesteuert und entsprechend reduziert werden.
  • Bei Abweichungen sind wegen der kontinuierlichen Überwachung sofortige Korrekturen möglich. 

Die Integration von IIoT-Lösungen erfordert eine sorgfältige Planung der IT-Infrastruktur. Hier kommen die zuvor erwähnten Aspekte der OT-Security zum Tragen. Die Absicherung vernetzter Produktionsanlagen gegen Cyberangriffe wird zu einer zentralen Aufgabe des Risikomanagements. 

4. Nachhaltige Digitalisierung – Green Tech für den Mittelstand

Nachhaltigkeit und Digitalisierung gehören im industriellen Mittelstand zusammen – allein schon aus Kostengründen. Mithilfe von Green Tech-Lösungen verbinden Unternehmen ihre ökologischen Ziele mit wirtschaftlicher Effizienz, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ein zentraler Ansatzpunkt ist die energieeffiziente Produktion: Smarte Energiemanagementsysteme analysieren und optimieren den Energieverbrauch in Echtzeit, wodurch CO₂-Emissionen reduziert werden, bei gleichzeitiger Kostensenkung. Immer mehr Unternehmen setzen außerdem auf eine nachhaltige IT-Infrastruktur mit energieeffizienten Cloud-Lösungen und ressourcenschonenden Rechenzentren.

Ein weiterer wichtiger Trend ist die zirkuläre Produktion, auch bekannt als Recycling 4.0. Mithilfe digitaler Technologien können Produktionsabfälle minimiert und Materialien effizient wiederverwertet werden. Sensoren und Datenanalysen ermöglichen es, den gesamten Lebenszyklus von Produkten zu überwachen und so die Wiederverwertung gezielt zu maximieren.

Doch nachhaltige Digitalisierung bedeutet mehr als regulatorische Pflichten und umfangreiches Reporting. Viel zu oft wird Nachhaltigkeit vor allem mit bürokratischen Auflagen gleichgesetzt – dabei liegt hier eine große Chance für den Mittelstand: Wer Nachhaltigkeit strategisch denkt, kann sich von administrativen Hürden befreien und sie als echten Zukunftsfaktor nutzen. Digitale Technologien ermöglichen es, nachhaltige Prozesse nicht nur effizient umzusetzen, sondern daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. So wird Nachhaltigkeit vom reinen Compliance-Thema zum Wachstumstreiber und Wettbewerbsvorteil.

Nachhaltige Digitalisierung ist somit nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch ein strategischer Vorteil für Unternehmen. Sie stärkt die Resilienz gegenüber steigenden Energiepreisen und trifft den Nerv einer zunehmend umweltbewussten Kundschaft. 

Fazit und Erkenntnisse vom WMF-Gipfel in Schwäbisch Hall

Anfang Februar fand in Schwäbisch Hall das Gipfeltreffen der Weltmarktführer statt. Zuversicht war eines der wiederkehrenden Schlüsselworte auf der Veranstaltung. Der industrielle Mittelstand ist das Herzstück der deutschen Wirtschaft, welche wiederum ein Grundpfeiler für eine starke europäische Wirtschaft ist.

Dennoch sehen nur die Hälfte der Familienunternehmen Deutschland derzeit noch als zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort an, in den es sich zu investieren lohnt. Nur 18 % wollen auch in Zukunft Erweiterungsinvestitionen tätigen. Zu viel Bürokratie und Mikromanagement führen zu Arbeitsplatzabbau und dem Rückgang von Ausbildungsplätzen.

Um den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiv und zukunftsfähig zu machen, müssen wir konsequent entbürokratisieren und die Digitalisierung weiter vorantreiben. 

Es gibt allen Grund, zuversichtlich und optimistisch zu bleiben: Unternehmen, die frühzeitig Trends erkennen und sich nicht nur aktiv darauf vorbereiten, sondern proaktiv handeln, bleiben auch in Zukunft wettbewerbsfähig. 

Keiner der hier vorgestellten Trends ist grundlegend neu. Doch während Großkonzerne diese Technologien bereits erfolgreich implementiert haben, steht der Mittelstand noch vor der Herausforderung, nachzuziehen, um wettbewerbs- und zukunftsfähig zu bleiben.

Lange Zeit wurden Modernisierungsmaßnahmen aufgrund vermeintlich hoher Kosten hinausgezögert. Doch zunehmend wird deutlich, dass die finanziellen Aufwendungen für Digitalisierung und Automatisierung gering erscheinen im Vergleich zu den langfristigen Risiken und Wettbewerbsnachteilen, die durch den Einsatz veralteter Systeme entstehen.

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Hermann Schäfer

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Christoph Haß

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