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Wie KI den industriellen Mittelstand stärken kann

06.03.2025 - Franziska Wolters

KI ist hier – aber wo bleibt der Mittelstand?

KI ist längst ein fester Bestandteil vieler Arbeitsprozesse. Vor allem die schnelle Textverarbeitung hat dazu geführt, dass sich bspw. im Marketing oder im Produktmanagement beim Erstellen von Handbüchern KI-Anwendungen durchsetzen konnten.

Auch in der Industrie wäre es möglich, viel stärker auf KI zu setzen. Sie ist in der Lage, Maschinen zu steuern, Daten zu analysieren und Entscheidungen hinsichtlich Service und Wartung innerhalb von Millisekunden zu treffen. Besonders spannend sind in dem Zusammenhang auch KI-Agenten – smarte Systeme, die eigenständig Aufgaben übernehmen und Prozesse optimieren.

Doch zwischen dem, was möglich ist und dem, was tatsächlich passiert, klafft eine Lücke – besonders im Mittelstand. Während große Konzerne Millionen investieren und KI längst in der Breite integrieren, steckt sie in vielen Industrieunternehmen noch in der Testphase. Diese Phase ist auch wichtig, um die richtige Lösung für die individuellen Bedürfnisse zu finden, jedoch ziehen andere Länder derzeit an uns vorbei. Wenn deutsche Industrieunternehmen sich wirtschaftlich wieder konkurrenzfähig aufstellen wollen, müssen sie jetzt ins Handeln kommen.  

Viele KI-Anwendungen sind schneller implementiert, als erwartet und die erreichbaren Skalierungseffekte sind enorm. Wir betrachten ein Unternehmen der Possehl Group, das es vormacht und zeigen auf, was andere KMUs von dem Beispiel lernen können. Außerdem stellen wir eine KI-Plattform unserer Beteiligungen vor, die einfach, sicher und kosteneffizient implementiert werden kann und schnell sichtbare Ergebnisse liefert. 

KI im industriellen Mittelstand: der Status Quo

KI hat, ähnlich wie die Dampfmaschine, die technische Nutzung elektrischen Stroms und das Internet das Potenzial, die Welt nachhaltig zu verändern​. So sprechen Wissenschaftler schon seit einigen Jahren auch von der fünften industriellen Revolution.

Unternehmen könnten künstliche Intelligenz gezielt und individuell einsetzen. Durch die digitale Vernetzung aller Lieferanten entlang der Wertschöpfungskette ließen sich Produktionsschritte koordinieren, Maschinen effizienter auslasten und die Fertigung insgesamt flexibler und bedarfsgerechter gestalten. Intelligente Algorithmen optimierten Lieferwege, während Maschinen eigenständig Materialbedarf meldeten – so entstünde ein reibungsloser und nachhaltiger Warenfluss. 

Doch trotz dieses Potenzials stecken viele mittelständische Unternehmen noch in den Kinderschuhen, wenn es um den Einsatz von KI geht. 

Warum zögern hier so viele Mittelständler? 

Dafür gibt es mehrere Gründe: 

  1. Fehlendes Fachwissen: Vielen Unternehmen fehlen bislang die internen Kompetenzen, um KI-Projekte erfolgreich umzusetzen.
  2. Unzureichende Datengrundlage: KI braucht strukturierte, qualitativ hochwertige Daten, und davon so viele wie möglich. Bei den meisten Unternehmen sind zwar Daten in ausreichendem Maße vorhanden, doch liegen sie nicht strukturiert vor und sind schwer zugänglich, weil sie häufig in alten Legacy-Systemen stecken.
  3. Kosten: Die Implementierung von KI-Lösungen erfordert initiale Investitionen, die oft als Hürde wahrgenommen werden.
  4. Bedenken hinsichtlich Datenschutzes und Sicherheit: In Europa, insbesondere in Deutschland, regeln strenge Vorgaben den Einsatz von KI. Unternehmen agieren vorsichtig aus Sorge vor Gesetzesverstößen.
  5. Mangelnde Integration in bestehende Prozesse: KI sollte bestehende Systeme nicht ersetzen, sondern intelligent ergänzen – hier verhindert eine mangelhafte Prozessanalyse die sinnvolle Integration. 

 

Dass all diese Hürden einen nicht aufhalten müssen, zeigt Eidos, ein Unternehmen der Possehl Group. 

Einblick in die Possehl Group: KI-Einsatz bei Eidos

Ein eher kleines mittelständisches Unternehmen, das KI schon heute erfolgreich einsetzt, ist Eidos. Die italienische Firma ist seit über 40 Jahren auf die Entwicklung von Thermotransfer-Digitaldruckern spezialisiert. Seit 2017 ist Eidos Teil der Possehl Group.

Eidos-Geschäftsführer Paolo Bori hat früh erkannt, dass KI ein entscheidender Faktor für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ist. In den letzten Jahren konnte das Unternehmen erfolgreich seine Umsätze steigern – bei gleichbleibender Teamstärke. Das Unternehmen setzt konsequent auf neue Technologien. 

„Wir sehen in KI ein Instrument, um Aufgaben effizienter zu bewältigen – vom Kundenservice bis hin zu jeder Art von Dokumentenverwaltung. Für uns ist KI eine wichtige strategische Säule, auf der wir das zukünftige Wachstum von Eidos aufbauen können.” – Paolo Bori, Geschäftsführer bei Eidos Srl. 

Eidos nutzt ChatGPT für die Software-Entwicklung und lagert Teile der Code-Erstellung aus. Im Büroalltag hilft die KI dabei, Präsentationen schneller zu erstellen oder Texte zusammenzufassen.

Daneben werden auch Übersetzungsaufgaben an KI-Tools ausgelagert, z. B. in der Video-Produktion. Wo zuvor mehrere Videos in verschiedenen Sprachen abgefilmt wurden, reicht jetzt ein Video, das eine Anwendung in alle gewünschten Sprachen übersetzt. Betriebsanleitungen für Maschinen wurden bis vor wenigen Jahren für mehrere Tausend Euro aufwendig übersetzt und werden jetzt in einer halben Stunde und zu geringeren Kosten erstellt.

Eidos zeigt, dass der Einsatz von KI nicht Unsummen kosten muss. Insgesamt wendet das Unternehmen pro Jahr ca. 2.000 € für KI-Anwendungen auf – ein Bruchteil dessen, was Übersetzungsagenturen und zusätzliche Fachkräfte kosten würden, um den gleichen Output zu generieren.

Aufgrund dieser geringen Einstiegskosten hält Paolo Bori seine Mitarbeiter dazu an, neue Technologien einfach auszuprobieren. Dabei geht das Unternehmen so vor, dass einzelne Mitarbeiter mit dem Testen neuer Technologien beginnen. Später werden diese dann breiter genutzt. Die Expertise entsteht so nach und nach intern durch die Anwendung, und Eidos ist nicht auf externe Fachkräfte angewiesen. 

Weitere Anwendungsfälle wie ein Service-Chatbot und Offline-Lösungen sind in Planung. Mit Technologieoffenheit und Lust an Innovation ist der effiziente Einsatz von KI also auch für kleine Unternehmen möglich. 

Unternehmen müssen ihre Perspektive ändern

Laut Paolo Bori sind es ähnliche Gründe, die KMU teilweise noch zurückhalten:

  • Viele Unternehmen haben eine starke Kultur und ein Traditionsbewusstsein, die über Jahre gewachsen sind. Hier gilt es, ein Bewusstsein zu schaffen und sich für neue Wege und Innovationen zu öffnen.
  • Auch fehlende Ressourcen stellen vielerorts ein Problem dar. Unternehmen sollten sich vor Augen führen, dass KI auf lange Sicht Kosten sparen wird. Wichtig ist, den schnellen Einstieg über einfache und günstige Anwendungen zu finden. Konzerne können hohe sechsstellige Beträge in die digitale Transformation stecken. Kleinere Unternehmen haben gegenüber Konzernen jedoch den klaren Vorteil, dass ihre Entscheidungswege kurz und die Hierarchien in der Regel flach sind. Das gilt es zu nutzen, statt sich auf die vermeintlichen Nachteile zu fokussieren.

„Die Zeitspanne von 'Hey, wäre es nicht cool, wenn…?' zu 'Lass es uns ausprobieren!' ist bei uns sehr kurz. In meinen Augen sind die kurzen Entscheidungswege ein großer Vorteil, den KMU haben, wenn sie ihn zu nutzen wissen.” – Paolo Bori 

Es gibt ein großes Transformationspotenzial für KMU und Technologien können auf dem Weg zu mehr Wachstum ein entscheidender Faktor sein. Diese Erkenntnisse helfen, KI-Strategien zu entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen zugeschnitten sind. 

Was können andere Unternehmen von Eidos lernen?

Um im globalen Wettbewerb nicht den Anschluss zu verlieren, braucht es Innovationen und Mut zum digitalen Wandel. Eidos zeigt, wie mit wenig Ressourcenaufwand und Technologieoffenheit der Wandel gelingen kann. 

Als digitaler Innovationstreiber im Mittelstand haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Unternehmen über unsere Beteiligungen zu unterstützen, die die gleichen Herausforderungen wie Eidos meistern wollen, und bereit sind, neue Technologien in ihre Prozesse zu integrieren. Deshalb haben wir Tech-Unternehmen in unser Portfolio aufgenommen, die ein passendes Angebot für KMUs haben.

Dabei bauen wir auf drei wesentliche Prinzipien: 

  1. Pragmatische und praxisnahe Lösungen: Keine abstrakten Theorien, sondern KI-Anwendungen anbieten, die schnell einen Mehrwert liefern. 
     
  2. Einfache Implementierung und Integration: Unsere Lösungen lassen sich ohne tiefgehendes IT-Wissen in bestehende Systeme einbinden. 
     
  3. Mitarbeiter mitnehmen und Vertrauen schaffen: Wir setzen auf erklärbare KI und enge Zusammenarbeit mit den Anwendern. 

Unsere Beteiligung DataSpark hat beispielsweise bereits viel Erfahrung mit der Implementierung von KI in verschiedenen Unternehmensbereichen. Die folgenden sechs Anwendungsfälle geben einen ersten Einblick in die vielseitigen Möglichkeiten: 

  • Vertrieb & Marketing: Bearbeitung von Anfragen und Ausschreibungen, Erstellung von automatisierten Angeboten sowie Analyse von Kunden- und Wettbewerbsaktivitäten
  • Service: Routing und Beantwortung von Serviceanfragen und die Kategorisierung von und Extraktion aus Serviceberichten durch verschiedene KI-Anwendungen
  • Einkauf: Bewertung und Vergleich von Lieferantenangeboten sowie Prüfung und Überwachung von Lieferantenverträgen
  • Finanzen: Automatisierte Erstellung von Finanzberichten und Kommentierungen sowie schnelle Datenanalyse für fundierte Finanzentscheidungen
  • Compliance: Risikobewertung von Drittpartnern und automatisierte Erzeugung von Compliance-Berichten für verschiedene regulatorische Anforderungen
  • IT: Automatisierte Ticketbearbeitung im IT-Helpdesk 

Der Schlüssel liegt darin, den Einstieg in KI pragmatisch und schrittweise zu gestalten, um eine schnelle Wertschöpfung zu erzielen. So werden Ängste rund um das Thema KI abgebaut und Erfahrungen aufgebaut, an denen die langfristige Strategie ansetzen kann.  

Der Start über EmilAI

Um Einstiegshürden abzubauen, haben wir zusammen mit unseren Beteiligungen Mono Software und DataSpark eine KI-Plattform entwickelt, die den industriellen Mittelstand einfach und pragmatisch unterstützt – bei geringem Kostenaufwand. 

EmilAI ist eine KI-Plattform für den industriellen Mittelstand, die Unternehmen dabei unterstützt, Wissen effizient zu teilen und Chatbots ohne technisches Know-how bereitzustellen​. So kann bspw. ein Chatbot für das – interne oder externe – Wissensmanagement entstehen, für den verschiedene Anwendungsfälle denkbar sind. 

Mögliche Anwendungsfälle von EmilAI: 

  • Automatisierte Sales- und Marketing-Kommunikation
  • Unterstützung bei Mitarbeiter-Onboarding und Schulungen durch Zugriff auf Ressourcen aus dem Intranet
  • Smarte Bots im Kundenservice, die die Reaktionszeit senken und das Potenzial haben, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen
  • Intelligente Compliance-Checks und Audit-Unterstützung 

Fazit: KI jetzt nutzen – aber richtig!

Der industrielle Mittelstand kann enorm von KI profitieren – aber nur, wenn er sich dafür öffnet und die Technologien strategisch einsetzt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, klein anzufangen, pragmatisch zu denken und Schritt für Schritt zu skalieren: 

  • Fokus auf reale Anwendungsfälle statt auf futuristische Visionen
  • Mitarbeiter von Anfang an mitnehmen und befähigen
  • KI als Unterstützung, nicht als Ersatz nutzen  

Unsere Beteiligungen unterstützen Unternehmen genau dabei – mit konkreten Lösungen, praxisnahen Ansätzen und einer starken Community aus digitalen Innovatoren.